Einleitung
Vor der Reformation bestand ungefähr ein Sechstel des engeren Heiligen Römischen Reichs aus geistlichen Fürstentümern. Das Fürstentum des Bischofs hiess Hochstift und umfasste regelmässig ein kleineres Territorium als seine Diözese [1]. Solche Hochstifte waren zum Beispiel das Fürstbistum Basel (ungefähr das Gebiet des Kantons Jura, des Berner Juras und des heute zum Kanton Basel-Landschaft gehörende Laufentals), oder das Erzstift Mainz (Kurmainz), das hier besonders interessiert [2]. In dieser Darstellung geht es nämlich um einen Vorgang im Erzstift Mainz gegen Ende des 15. Jahrhunderts. Im Jahre 1485 berief Erzbischof Berthold von Henneberg den bestens ausgebildeten Juristen Georg Schraub zum Rat und Diener. Laut Suse Andresen gab es im 15. Jahrhundert einen Typus des Rates und Gesandten, der über ein umfangreiches Wissen im Bereich der Jurisprudenz und im Geschäftsgang der Kurie verfügte. Zudem waren solche Männer diplomatisch versiert und sie hatten ein weitverzweigtes persönliches und institutionelles Beziehungsnetz zur Verfügung [3]. Es soll im Folgenden dargestellt werden, weshalb der Erzbischof einen Topjuristen in seinem Angestelltenstab brauchte, und was andererseits den Juristen bewogen haben konnte, in die Dienste des Erzbischofs zu treten.
Um Antworten zu finden, werden zuerst die Lebensläufe des Berthold von Henneberg und von Georg Schraub skizziert. Hernach geht es darum, die Urkunde zur Bestallung des Georg Schraub quellenkritisch zu analysieren. Dabei soll insbesondere gezeigt werden, wie der in der Kanzleischrift des 15. Jahrhunderts verfasste Quellentext mit Hilfe der Texterkennungsplattform Transkribus gelesen und nachher überarbeitet wurde. Und schliesslich wird noch darauf hingewiesen, wie mit Hilfe der web-basierten Forschungsumgebung Nodegoat Visualisierungen hätten vorgenommen werden können.
Referenzen
[1] Moraw, Peter: «Fürstentümer, Geistliche», in: Theologische Realenzyklopädie, S. 711-715, https://www.degruyter.com/database/TRE/entry/tre.11_711_6/html, abgerufen am 10.06.2022.
[2] "Mainz", in: Lexikon des Mittelalters online, Vol. 6, cols 137-138, http://apps.brepolis.net/lexiema/test/Default2.aspx, abgerufen am 23.06.2022.
[3] Andresen, Suse: In fürstlichem Auftrag. Die gelernten Räte der Kurfürsten von Brandenburg aus dem Hause Hohenzollern im 15. Jahrhundert (Schriftenreihe der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Bd. 97), Göttingen 2017, S. 11.