Skip to main content

Qualitative Analyse

In den Transkriptionen der Mozartbriefe sind etwaige Abkürzungen mit dem Graphem <ç> markiert. Folgende Typen solcher Abkürzungen können in Leopolds Briefen (vorrangig) gefunden werden:

  • Suspension: erster Buchstabe als Abkürzung ("h" statt „Herr“)
  • Suspension: erste Buchstaben als Abkürzung (meist bei Eigennamen, Ort- und Monatsangaben)
  • Kontraktion: erster und letzter Buchstabe als Abkürzung („dr“)
  • Kontraktion: mehrere charakteristische Buchstaben als Abkürzung („frl“)
  • Buchstabenkurzwörter (v.a. am Briefende „mp“ = manu propria, „PS“)
  • Ligatur von -e, -en, -er am Wortende (betrifft v.a. Nomen und Verben)

 

 

Diese lassen sich auch am Beispiel des einleitend erwähnten Brief an Leopolds Sohn Wolfgang Amadé (28.09. - 29.09.1977) festmachen (vgl. Mozartbriefkorpus):

  

  Salzbς  28 Septς: 1777

Heute bin ich das erste mahl ausgegangς, und zwar ins mirabell in die letzte
Messe, hinauf in das Seitenoratorium. Unter der Messe sahe ich den v Gi=
lowskÿ. die Frv Riedel am Arm und den : grenier mit dem v Riedl in den
Mirabellhof hineingehς. Sie besahς die Zimer. Ich gieng also, da die Messe vorbeÿ war,
über den Gange in die Zimer, um sie zu Complimentiern. Sie warς sehr verwun=
dert, da ich ihnς sagte ihr wäret in Münchς, und vielleicht etwa gar von Münchς
abgereiset. am Montage versprachς sie uns zu besuchς. Nach Tische kamς die
Schützς. : Zahlmeister gab das beste, welches : Bullinger gewonς. Ich aber
das zweÿte, und da ich für die Mama geschossen, so gewan ich ihr 7 Xr.
der Wolfgς:, für den der Bullinger geschossς, gewan 13 Xr. Nachdem spielte der
Kassl und die Catherl mit uns, bis zur hauptprobe der Französς: Comoedie,
die um 5 uhr war. Sie giengς alle 3 ins theater, und ich führte den Pimperl
etwa 100 Schritte für thörl spazierς, gieng mit ihm nach Hauß, dan auch
zur Hauptprobe. Sie war in Kleidern, aber es wurdς keine anderς Leute ein=
gelassς. auf den Diensttag werdς 500 billets ausgetheilt. Der Erzbς: ist
schon ein paar Tage zu Weidwirth, weil aber heute frühe der graf Gunt=
acker u sie angekomς, so ist er heut abends zurückgegangς. Wir haben
die schönsten und wärmestς Täge. Ich bin heute, Gott Lob, recht gut, und
hab sehr wenig gehustet, manchmahl in 2 Stundς kaum 3 mahl. Nun
fahre ich fort imer anfeuchtende Sachen zu nehmς und werde darüber auch mit
dem Dre: Barisani sprechen, dan ich bin sehr mager gewordς. Ich Hofe zu Gott.
es wird sich geben: dan mein Gemüth ist nun ruhiger, und ich werde mich
in allem sehr in Acht nehmς. Nur bitte ich dich mein lieber Wolfgang keinς
Excess zu machς, du bist an die gute Ordnung von Jugend auf gewohnt,
und dich vor hizigem Gedränk zu hütten, dan du weist, daß du gleich
erhitzet bist, und die Kälte dir lieber als die Wärme ist; Ein klarer
Beweis, daß dein Geblüth zur Hitze geneigt gleich in Wallung komt.
die starken Weine, und vieles Weintrincken ist dir also schädlich. Stelle
dir nun vor, in was unglük und Betrübniß du deine liebe Mutter
in einem weit entferntς Lande setzen könntest. Von mir will
ich nicht einmahl eine Meldung machen. Dem Mr. Duscheck habe ge=
schriebς, und zwar sehr umständlich; auch beÿgesetzt du werdest Gelegenheit
suchen ihm auf deiner Reise einmahl zu schreibς. die Mad:me Duscheck
hat mir auf mein Schreibς abermahl geantwort, und mir gemeldet, daß
ihr unsere Verdrusse von Salzbς: ebenfals berichtet wordς, daß Er und Sie

[…]

– – also ist : Siegl auch ins Schlaghäusl
eingegangς? – ich gratuliere von Herzς! die frl: Mizerl, Sallerl,
Pimperl, tresel, Gil: Catherl &c: alles empfehlt sich, sondςheitl: die fr:
von Riedl und der : Graf Arco Leopold &c: &c: Ich Kisse euch beyde
von Herzς und bin alte verlassene Einsiedler mit seiner Häuserin
                                                                                         Mozart mp

 

Besonders auffällig ist hier (wie auch in anderen seiner Briefe mit gehäuften Abkürzungen) der hohe Anteil an Ligaturen ähnlichen Abkürzungen auf Ebene der Schrift. So weisen insbesondere Nomen und Verben, aber auch Adjektive und Pronomen in der letzten unbetonten Silbe weder etwa akribisch ausformulierte Kurrent-Buchstaben noch Tilgungen auf, sondern schwungvolle Kürzel (vgl. Abb. o. r.), welche die Buchstaben am Wortende ersetzen. Andere von Leopolds Briefen verzichten wiederum völlig auf solche Ligaturen und fallen dadurch durch eine bedeutend (!) geringere Dichte an Abkürzungen auf.

Abkürzungen an Wortenden gibt es nicht nur in der Mozart'schen Kurrentschrift. Im Sinne eines schnelleren Schreibflusses werden etwa beim Schreiben in gotischer Kursivschrift Buchstaben miteinander schwungvoll verbunden oder Wörter durch Suspension (Abbrechung) verkürzt (Sturm, 1961, S. 56, 48f.). Im beginnenden 18. Jahrhundert, so Heribert Sturm (1961, S. 106), würden Buchstaben "sich beim flotten Schreiben auf kürzestem Wege" verbinden. Ebendies lässt sich in den Briefen Leopold Mozarts eindrücklich an den Wortenden erkennen, oft diene der "Wortschluß zu einem der beliebten Schnörkel" (ebd., S. 112). Auch wenn Leopold Mozart die Ligatur der Endungen in diesem Beispiel konsequent vollzieht, macht er dies jedoch nicht in allen seinen Briefen. Karl Löffler und Wolfgang Milde (1997, S. 82) erklären dies etwa wie folgt: "Gerade bei dem Gesichtspunkt der Kürzungen und Ligaturen", so die Autoren, sei "immer auch daran zu denken, daß hier Abneigung und Vorliebe des Schreibers eine große Rolle spielen mag, wodurch Bestrebungen, die an sich vielleicht wohl schon in der Zeit liegen, stärker oder schwächer ausgeprägt erscheinen".

Ein allgemeiner Leitfaden für die Verwendung von Abkürzungen im 18. Jahrhundert dürfte tatsächlich existieren. Allerdings war es im Zuge der Literaturrecherche nicht möglich, einen solchen Leitfaden zur Verwendung von Abkürzungen zu finden. Diverse Literatur, die im Zuge der Arbeit bereits Erwähnung fand, befasst sich nur rudimentär mit Abkürzungen oder erwähnt diese lediglich kurz am Rande. Derartige Stellen, die brauchbare Informationen für diese Arbeit liefern, wurden aber bereits integriert.

Alternativ zu einem Sammelwerk für kollektiv benutzte Abkürzungen konnten wir aber mittels Googles Ngram Viewer feststellen, dass einige Abkürzungen, die in Mozarts Brief Verwendung finden, durchaus auch bei anderen Werken Anwendung fanden. Zu beachten ist hierbei, dass nur wenige der abgekürzten Worte, insbesondere der Verben, mit dem Ngram Viewer überprüft werden können, da es sich bei einigen Verben bspw. auch um die erste Person Singular handeln könnte, was das Ergebnis der Darstellung verfälschen würde. Untenstehend sind daher beispielhaft vier Wörter angeführt, die im Zuge dieser Recherche überprüft wurden. Auffällig ist zum Beispiel, dass die Abkürzung Sept für September im 18. Jhdt. bereits häufig in geschriebenen Texten vorkommt, sogar durchschnittlich mehr als nach dem 18. Jhdt. Ebenso weisen die abgekürzten Verbformen ausgegang für ausgegangen sowie angekom für angekommen im 18. Jhdt. erhöhte Anwendung auf. Auch das einzelne u für die Konjunktion und wurde schon seit dem 18. Jhdt. fleißig in den Texten verwendet.