Abk. im 18. Jhdt. am Bsp. v. L. Mozart
Abkürzungen sind im heutigen Sprachgebrauch kaum mehr wegzudenken. Sowohl in der informellen als auch in der formellen Sprache werden Abkürzungen häufig verwendet und lassen sich in unterschiedlichem Ausmaß in den verschiedensten Textsorten finden. So sind etwa die Abkürzungen z.B., etc., usw., vgl., o.ä. gängige Kurzformen, die sich immer wieder in formellen Texten finden lassen. Doch auch in der informellen Sprache gibt es eine große Zahl an Abkürzungen, die immer wieder verwendet werden. Man denke hierbei nur an eine freundschaftliche Unterhaltung via WhatsApp, in der Abkürzungen wie wmd, wg oder lg immer wieder vorkommen.
Wenn man die Briefe von Leopold Mozart betrachtet, so wird man ebenso häufig auf Abkürzungen stoßen, die in der Transkription der Briefe mittels des Graphems <ç> markiert sind. Besonders auffällig ist, dass Leopold Mozart Abkürzungen in verschiedenen Briefen unterschiedlich oft verwendet. Eine beispielhafte Analyse zweier Briefe soll dies im Folgenden verdeutlichen:
Leopold Mozart an Lorenz Hagenauer, zwischen 17. Oktober & 4. November 1763
Brüssel den 17.tς Octς: 1763.
Geschlossen den 4.tς Novbς:
Monsieur mon tres cher ami!
Meinen erstaunlich langen Brief aus
Coblenz werden sie sondern Zweifel erhal=
ten haben. Wir haben in Coblenz ein
eigen Schiff genommen und sind um 10. Uhr
abgefahren und Abends beÿ Zeiten in Bonn
eingetroffen. Der Churfürst von Cölln
war noch in Westphalen. Wir sachen das
Schloss oder Residenz, Poppelsdorff und alles
was zu sehen ist, und giengen mit der Post
über Brühl nach Cölln, wo wir Abends
beÿ Zeiten eintraffen, unterwegs aber alle
Schönheiten der Schlösser Falkenlust, Brühl,
die Fasanereÿ, die Indianischen Häusser, das
so genannte Schneckenhaus p und alles be=
sachen. Die Kostbahrkeiten und Selten=
heiten, die der von allen Unterthanen noch
bis diese Stunde gepriesene seel: Churfürst
Leopold Mozart an Wolfgang Amadeus Mozart, zwischen 28. und 29. September 1777
Salzbς dς 28 Septς: 1777
Heute bin ich das erste mahl ausgegangς, und zwar ins mirabell in die letzte
Messe, hinauf in das Seitenoratorium. Unter der Messe sahe ich den hς: v Gi=
lowskÿ. die Fr: v Riedel am Arm und den hς: grenier mit dem hς: v Riedl in den
Mirabellhof hineingehς. Sie besahς die Zimer. Ich gieng also, da die Messe vorbeÿ war,
über den Gange in die Zimer, um sie zu Complimentiern. Sie warς sehr verwun=
dert, da ich ihnς sagte ihr wäret in Münchς, und vielleicht etwa gar von Münchς
abgereiset. am Montage versprachς sie uns zu besuchς. Nach Tische kamς die
Schützς. hς: Zahlmeister gab das beste, welches hς: Bullinger gewonς. Ich aber
das zweÿte, und da ich für die Mama geschossen, so gewan ich ihr 7 Xr.
der Wolfgς:, für den der Bullinger geschossς, gewan 13 Xr. Nachdem spielte der
Kassl und die Catherl mit uns, bis zur hauptprobe der Französς: Comoedie,
die um 5 uhr war. Sie giengς alle 3 ins theater, und ich führte den Pimperl
etwa 100 Schritte für thörl spazierς, gieng mit ihm nach Hauß, dan auch
zur Hauptprobe. Sie war in Kleidern, aber es wurdς keine anderς Leute ein=
gelassς. auf den Diensttag werdς 500 billets ausgetheilt. Der Erzbς: ist
schon ein paar Tage zu Weidwirth, weil aber heute frühe der graf Gunt=
acker u sie angekomς, so ist er heut abends zurückgegangς. Wir haben
die schönsten und wärmestς Täge. Ich bin heute, Gott Lob, recht gut, und
hab sehr wenig gehustet, manchmahl in 2 Stundς kaum 3 mahl. Nun
fahre ich fort imer anfeuchtende Sachen zu nehmς und werde darüber auch mit
dem Dre: Barisani sprechen, dan ich bin sehr mager gewordς. Ich Hofe zu Gott.
es wird sich geben: dan mein Gemüth ist nun ruhiger, und ich werde mich
in allem sehr in Acht nehmς. Nur bitte ich dich mein lieber Wolfgang keinς
Excess zu machς, du bist an die gute Ordnung von Jugend auf gewohnt,
und dich vor hizigem Gedränk zu hütten, dan du weist, daß du gleich
erhitzet bist, und die Kälte dir lieber als die Wärme ist; Ein klarer
Beweis, daß dein Geblüth zur Hitze geneigt gleich in Wallung komt.
die starken Weine, und vieles Weintrincken ist dir also schädlich. Stelle
dir nun vor, in was unglük und Betrübniß du deine liebe Mutter
in einem weit entferntς Lande setzen könntest. Von mir will
ich nicht einmahl eine Meldung machen. Dem Mr. Duscheck habe ge=
schriebς, und zwar sehr umständlich; auch beÿgesetzt du werdest Gelegenheit
suchen ihm auf deiner Reise einmahl zu schreibς. die Mad:me Duscheck
hat mir auf mein Schreibς abermahl geantwort, und mir gemeldet, daß
ihr unsere Verdrusse von Salzbς: ebenfals berichtet wordς, daß Er und Sie
Konsequenzen für unser Projekt
Im Vergleich dieser beiden Briefe fällt schnell auf, dass Leopold Mozart in bestimmten Schreiben auffällig oft von Abkürzungen Gebrauch macht. Obwohl der Brief an Hagenauer etwa fünfmal so viele Seiten wie der Brief an Wolfgang umfasst, enthält er kaum Abkürzungszeichen, während der Brief an Wolfgang in beinahe jedem Satz mehrmals dieses Zeichen aufweist.
Auf Basis dieser Erkenntnis stellt sich also die Frage, wodurch die Verwendung dieser Abkürzungen motiviert wird und weiters, in welcher Konsequenz Leopold diese Abkürzungen verwendet. Zur ersten Frage sollen im Zuge der Recherche zunächst Hypothesen aufgestellt werden, die schließlich mittels einer quantitativen Analyse, unter Herannahme mehrerer Briefe an unterschiedliche Adressaten, untersucht werden. Letztere Frage wird wohl mittels einer qualitativen Analyse untersucht werden müssen, indem ein einzelner Briefe untersucht wird und dadurch jene Wörter ermittelt werden, die Leopold repetitiv abkürzt.