Skip to main content

Diskussion der Ergebnisse

Wie unsere Analyse der ausgewählten Bäsle-Briefe zeigt, hatte Wolfgang Amadeus Mozart Gefallen daran gefunden, mit der Sprache zu spielen. Sein Sprachspiel ging über den ausgeprägten Fäkalhumor hinaus. Besonders auffällig waren die vielen Reime, das Vertauschen von Wörtern und einzelnen Buchstaben und die Verwendung von Redewendungen. Sein Sprachwitz ging über die Aneinanderreihung von Worten hinaus. Vielmehr schuf er eigene Kreationen wie u. a. die falschen Partizipien implizieren. 

Eine Herausforderung bei der Analyse der Briefe war der große Interpretationsspielraum bei dem Versuch, die Bestandteile des Briefes vier Kategorien zuzuordnen. Zudem sind wir bei der Untersuchung der Sprache auf den Begriff "spuni cuni" gestoßen. Da die Bedeutung dieses Begriffs nicht eindeutig aus dem Brief hervorgeht und keine Antwortbriefe von Maria Anna Thekla erhalten sind, konnte dieses Wort nicht kategorisiert werden. Es ist nicht klar, ob dieses Wort dem Wortspiel zugeordnet werden kann oder für Maria Anna Thekla Mozart oder Mozart eine bestimmte Bedeutung bzw. einen bestimmten Mitteilungscharakter hatte. Dazu müsste man etwa in Erfahrung bringen, ob auch seine Cousine in ihren Briefen auf diesen Begriff eingegangen ist. Aus diesen Gründen wurde dieses Wort in der Analyse ausgeklammert.  

Die Kategorie, die sich bei den beiden Briefen im Vergleich am meisten verändert hat, ist Kategorie 4: Wortspiele. Es wird ein Zusammenhang zwischen der Veränderungen der Kategorien auf inhaltlicher Ebene und der Veränderung auf der Beziehungsebene von W. A. Mozart und seiner Cousine angenommen.

Besonders auffällig ist, dass Reime zu finden sind, die sich durch Gleichheit des Wortklangs ergeben, während der Wortklang bei anderen sich nur ähnelt. Generell lässt sich sagen, dass viele Wörter nur des Reimes wegen eingebaut wurden. Darüber hinaus konnten zwei verschiedene Gruppen festgestellt werden: Reimworte, die einen Sinn in sich tragen und erfundene, unsinnige Reimworte. Das bestätigen auch die Forschungen von Eibl und Senn, die ebenfalls diese Unterscheidung vornahmen (vgl. Eibl/Senn 1991, S. 30). 

Als besondere Herausforderung stellten sich jene Passagen dar, die zar in Form einer Geschichte aufgebaut wurden, aber für den eigentlichen Briefinhalt nichts beizutragen hatten. So findet sich im Brief vom 5. November 1777, die wir anhand mehrerer Parameter der Mozartbriefforschung als "Historie" bezeichnen würden (vgl. Eibl/Senn 1991, 43). Derartige Historien finden bei Mozart eine Stilmittel-ähnliche Verwendung.  Nach einleitenden Bemerkungen, die das Interesse der Leser*innen wecken soll, stellt sich bei allen Historien der Inhalt in weiterer Folge als völlig belanglos heraus. Auch in den Bäsle-Briefen sind mehrere Erzählungen mit diesem für Mozart typischen Aufbau zu finden. Die Schwierigkeit bei diesen Historien liegt im Bezug auf die Bewertung der Sinnhaftigkeit darin, dass nur schwer zu unterscheiden ist, ob diese nun zur Inhaltsebene dazugezählt werden sollen oder eben nicht. In diesem Projekt haben wir uns dazu entschlossen, die Erzählung in die Kategorie des Inhalts mitaufzunehmen, da aus heutiger Sicht nicht eindeutig zu sagen ist, ob Mozart evtl.  doch einen Sinn hinter diesen Erzählungen sah und mit ihnen etwas mitteilen wollte. Die Geschichtswissenschaft ist als eine Annäherung an die Wirklichkeit zu verstehen. Man wird die Vergangenheit nie gänzlich rekonstruieren können und im Hinblick auf diesen Aspekt, versuchen wir kritisch mit Mozarts Worten umzugehen. Vielleicht erschließt sich aus heutiger Sicht keine Sinnhaftigkeit, aber der Verfasser könnte mit einer gänzlich anderen Wahrnehmung diese "Historien" geschrieben haben. An dieser Stelle sei jedoch angemerkt, dass die Kategorie des eigentlichen Inhalts noch um ein vielfaches kleiner wäre, wenn die Historie(n) nicht mitgezählt werden würden.