Inhalt & sprachliche Analyse
Reuter, Carl (15.10.36)
Aufbau und Inhalt
Der Brief von Carl besitzt typische formale Elemente eines klassischen Briefes und beginnt mit einer Datums- und Ortsangabe sowie der Anredeformel “Lieber Bruder!”. Gleich am Anfang seines Briefes beklagt Karl Reuter, wie lange es schon her ist, dass seine Brüder Ludwig und Andreas einen Brief an ihn geschrieben haben. Andreas hat bereits 1 ½ und Ludwig sogar 2 Jahre nichts von sich hören lassen. Karl beschreibt, wie große Sorgen sie sich die ganze Zeit über gemacht haben, was denn mit den Brüdern in der Fremde passiert sei, sodass sie nichts schreiben konnten.
Im nächsten Teil findet man mehrere Angaben zur Familiensituation und zu den einzelnen Familienmitgliedern. Zu Beginn äußert er sich zur Situation von seinem jüngeren Bruder Andreas, der seine Frau und sein Kind zurückgelassen hat. Er vermutet nämlich, dass er eine neue Liebesbeziehung eingegangen ist und sich deshalb nicht mehr meldet. Karl erwähnt geglaubt zu haben, dass seine beiden ausgewanderten Brüder Ludwig und Andreas in Kontakt wären, was darauf hindeutet, dass Ludwig in seinem Brief diese Annahme verneint haben dürfte.
Im darauf folgenden Teil erklärt er seinem Bruder, wo sich ein ausgewandertes Mädchen namens Klara Brechauer befinden könnte und gibt an, ihre Adresse beizufügen, die aber im Brief nicht enthalten ist. Offensichtlich dürfte Ludwig nach ihr gefragt haben. Ludwig dürfte den Militärdienst abgeleistet haben, Karl berichtet darüber, wie Fritz auch bereits eingezogen wurde. Die Brüder haben noch eine Schwester, die er im Brief mit “Anna Marichen” angibt. Er verkündet ihre Eheschließung nach Aschaffenburg mit einem verwitweten Schreiner namens Grün, der bereits drei erwachsene Kinder hat. Im nächsten Abschnitt berichtet er zuerst von verstorbenen Verwandten und dann von den schlechten Wohnverhältnissen, in denen die Familie lebt. Sein Bruder Fritz verlässt aus diesem Grund sogar das Zuhause, um in den Neuschmeister Werken zu arbeiten und ein Jahr später ebenfalls nach Amerika zu gehen. Karl schreibt an seinen Bruder, wie glücklich sie sich schätzen können, dass sie in Amerika sind und fügt hinzu, ebenfalls dorthin auswandern zu wollen.
Im letzten Teil fordert er seinen Bruder auf, ihm bald zurück zu schreiben, um ihm über die Situation in Amerika und die Lage von Andreas zu berichten. Schließlich bringt er noch zur Sprache, dass einige Auswanderer wieder zurück gekommen sind und die Familie, allen voran die Mutter, den Wunsch hat, die ausgewanderten Brüder wieder zu sehen. Bevor er sich verabschiedet, wiederholt er seine Sorge bezüglich der Frau und dem Kind seines Bruders und verleiht seiner Forderung somit Nachdruck, mit Andres in Kontakt zu treten und Klarheit bezüglich seiner zurückgelassenen Familie zu schaffen. Das Schreiben endet mit der Grußformel “Lebe wohl…”, “Dein aufrichtiger Bruder Carl” und der Unterschrift des Verfassers.
Reuter, Andreas (18.11.37)
Aufbau und Inhalt
Der Auswandererbrief aus Amerika hat ebenfalls eine Datums- und Ortsangabe sowie die Anredeformel “Lieber Bruder”. Andreas beginnt seinen Brief damit, wie glücklich er ist, seinen Bruder Fritz bei sich in Amerika zu haben. Er träumt davon, wieder mit seinen vier Brüdern in Amerika zusammen zu sein. Sogleich stellt er klar, dass er selbst seit zwei Jahren keine Briefe von seinen Brüdern erhalten und von Fritz erfahren hat, dass seine Briefe ebenfalls nicht in Deutschland angekommen sind. Er erinnert seinen Bruder Karl an dessen Ermahnung, sich ja nicht mit anderen Mädchen einzulassen. Gleich darauf verrät er, dass eben dies leider geschehen ist. In Gewissheit, dass sein Bruder ihn dafür verurteilen wird, bittet er ihn weiter zu lesen und den Brief nicht wegzuwerfen. In den folgenden Briefabschnitten führt Andreas seine persönlichen Gründe an, um seinem Bruder Einblicke in seine persönliche Lage zu ermöglichen und verständlich zu machen, warum er diesen Schritt gegangen ist. Zuerst litt er an einer Krankheit, die er nicht näher beschreibt und nur mit “große Krankheit” anführt, an der er sterben würde, wenn das Mädchen, dessen Namen er nicht verrät, ihn nicht so gut gepflegt hätte. Danach gibt er an, sich bemüht zu haben, die Stadt zu verlassen. Diesbezüglich habe er sogar Casbar Limpert kontaktiert, um eine Arbeit zu bekommen, dieser habe ihm aber nahe gelegt, nicht zu ihm zu kommen. Er behauptet, dass sich das Mädchen unsterblich in ihn verliebt hat, obwohl sie seine familiären Umstände kannte. Er selbst war verzweifelt und wollte seine Frau und sein Kind nie im Stich lassen, doch es blieb ihm nichts anderes übrig. Denn obwohl er die Sanne in mehreren Briefen immer wieder eindringlich darum bat, zu ihm nach Amerika zu kommen, folgte sie seiner Bitte nicht. Sie forderte, dass er sie abholt oder ihr das Reisegeld zukommen lässt, was aus finanziellen Gründen nicht möglich war.
Im nächsten Briefabschnitt stellt er die Behauptung auf, dass es in Amerika viel schlimmer ist als in Deutschland, wenn man kein Geld hat. Denn die Einkommen sind niedriger, aber die Preise höher geworden. Er gibt an, noch immer als Geselle tätig zu sein und 7 Dollar zu verdienen, wovon ihm kaum etwas übrig blieb. Im nächsten Frühjahr möchte er mit seinem Bruder Fritz aufs Land ziehen, wo sie sich ein eigenes Plätzchen zum Leben einrichten wollen. Schließlich bittet er seinen Bruder Karl um Vergebung, da er an seiner Entscheidung nichts mehr ändern kann, weil er bereits verheiratet ist und einen sechs Monate alten Sohn hat, der Ludwig heißt.
Im letzten Absatz äußert er den Wunsch, dass Karl diesen unangenehmen Umstand doch lieber für sich behalten solle. Im letzten Satz gibt er seine verwirrten Gefühle preis und spricht davon, wie sehr ihm seine Sanne doch noch am Herzen liegt und wie leid es ihm doch tut. Das Schreiben endet mit der Grußformel “Lebe wohl…”, “Dein aufrichtiger und treuer Bruder …” und der Unterschrift des Verfassers. Auf dem Briefumschlag vermerkt er die Worte “selbst zu öffnen”, was auf den vertraulichen Inhalt des Briefes deutet.
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Nr. |
Aus dem Brieftext von Carl Reuter 15. Oktober 1836 |
Analyse |
1. |
Gleich im Anfang dieses Briefs sei es Dir gesagt, daß es nicht schön ist von Euch, … |
Nebensatz mit „dass“ 1. Verbspäterstellung |
2. |
…, daß ihr so qual |
Nebensatz mit „dass“ 2. Verbendstellung |
3. |
Wie oft haben wir uns schon darüber besprochen was es nur sein möchte, daß ihr so lange nicht schreibt, … |
Nebensatz mit „dass“ 3. Verbendstellung |
1. |
Wenn ihr bedächtet, welchen innigen Antheil wir an Eurem Wohlergehen nehmen, … |
Konjunktiv II (Präsens) |
4. 5. |
…und wie sehr wir Euch alles Gute gönnen und wünschen, und daß 2 Jahre (denn so lange ist es daß Du das letzte mal schriebst) in so weiter Entfernung hinreichend sind diese Besorgniße zurechtfertigen,… |
Nebensatz mit „dass“ 4. Verbendstellung 5. Verbendstellung |
2. |
…, so würdet ihr uns nicht wieder so lange auf Briefe warten lassen. |
2. Konjunktiv II-würde-Form (Konditional) |
3. 4. |
Ich und jeder hätte geglaubt, ihr würdet Eüch stets einander Nachricht geben, und von dem jedesmaligen AufenhaltOrt, aus einander schreiben. |
3. Konjunktiv II (Plusquamperfekt) 4. Konjunktiv II-würde-Form (Konditional) |
6. |
Daß der Onkel von Münden vor 2 Jahren gestorben ist wird Du wohl wißen. |
Nebensatz mit „dass“ 6. Verbendstellung |
5. |
Über Ursache, und einzelne Dedails darüber einzugehen, würde zu langweilig werden. |
5. Konjunktiv II-würde-Form (Konditional) |
7. |
Solches ist auch der Grund daß der Fritz vor einigen Tagen weg ging nach dem [Neuschmeister] Werke um da zu arbeiten, und auch das nächste Frühjahr nach Amerika reissen will,… |
Nebensatz mit „dass“ 7. Verbendstellung |
6. |
…sonst wäre schon dieses Jahr Einer von uns beiden gekommen. |
Konjunktiv II (Plusquamperfekt) |
8. |
Es ist sehr gut daß ihr nicht auch noch hir seid, denn wir sind doch alle auf uns selbst angewiesen. |
Nebensatz mit „dass“ 8. Verbendstellung |
7. 8. |
So ich doch die Arbeit schwer am längsten gethan habe, doch dem sei wie ihm wolle, wie werden sehen wie es bis Nächsten Fühling werden wird, schreibe nur bald wieder recht ausführlich,…. |
Konjunktiv I (Präsens) Konjunktiv I (Präsens) |
9. |
und erkundige dich auch recht angelegentlich um den Andres, und sage ihm ich wäre recht ungehalten auf ihn, … |
Konjunktiv II (Präteritum) |
9. 10. |
…, daß er so saumselige wäre im Briefschreiben, … |
Nebensatz mit „dass“ 9. Verbspäterstellung 10. Konjunktiv II (Präteritum) |
11. 12. |
…, wo ich ihm doch immer pünktlich und ausführlich geantwortet hätte, und wir alle hätten solches nicht um Euch verdient. |
11. Konjunktiv II (Plusquamperfekt) 12. Konjunktiv II (Plusquamperfekt) |
13. 14. |
Er solle aber warten bis er wieder einen Brief von mir erhielte. |
13. Konjunktiv I (Präsens) 14. Konjunktiv II (Präteritum) |
10. |
Wir haben die 3 Jahre hindurch immer kleine [Wasser], daß jedesmal nur Ein Feüer gehen kann. |
Nebensatz mit „dass“ 10. Verbendstellung |
15. 16. |
Gewiß lieber Bruder wäre es uns allen sehr lieb wenn ihr einmal kämt, … |
15. Konjunktiv II (Präteritum) 15. Konjunktiv II (Präteritum) |
17. |
…, besonders der Mutter, Die sich wegen Dir schon sehr bekummerte, doch ihr müßt das am besten wißen was dabei zu bedenken ist. |
17. Konjunktiv II (Präteritum) |
11. 12. |
Schlißlich erinnere ich nochmals, daß Du Dich weges Andres erkundigst, daß er sich äusern soll wie er gesonnen ist, wegen der Sanne, … |
Nebensatz mit „dass“ 11. Verbendstellung 12. Verbendstellung |
13. |
…, damit Sie weiß woran sie ist, daß aber auf jeden Fall das Kind versorgt werden muß mit einem Theil seines Vermögens. |
Nebensatz mit „dass“ 13. Verbendstellung |
Nr. |
Aus dem Brieftext von Andreas Reuter 18. November 1837 |
Analyse |
1. |
…, ja es ist gewiß daß Fröhlichste was jemand begegnen kan, … |
Nebensatz mit „dass“ 1. Verbendstellung |
2. |
Durch ein Landsman bekam ich die Nachricht daß Fritz in Neu Jork angekommen währe, ich schrib Natürlich so gleich an ihn,… |
Nebensatz mit „dass“ 2. Verbendstellung |
1. 2. |
Wärest Du jetzt noch hier, und Ludwig wird sich wie ich jetzt wieder mehr Hoffe, auch wieder finden so könten wier wieder vier und vier in Amerika gehen… |
1. Konjunktiv II (Präteritum) 2. Konjunktiv II (Präteritum) |
3. |
…es sind jetzt über zwe: Jahren daß ich keine Nachrichte von euch erhilt, was mich sehr oft Draurich machte, … |
Nebensatz mit „dass“ 3. Verbendstellung |
3. |
…und dachte immer es währe eine grose Verenderung bey Euch vorgefallen, … |
3.Konjunkitv II (Plusquamperfekt) |
4. |
…welches die Ursage währ, … |
4. Konjunktiv II (Präteritum) |
4. |
…, daß ich keine Nachricht erhilt. |
Nebensatz mit „dass“ 4. Verbendstellung |
5. |
…, und wünscht auch sehr daß es nur bei Dir blib, es wird dich aber nicht erfreuen, … |
Nebensatz mit „dass“ 5. Verbendstellung |
5. |
…und du wirst sagen das hätte ich nicht geglaubt, mir selbst währ es vor ein paar Jahren Unmöchlich vorgekommen, … |
5.Konjunkitv II (Plusquamperfekt) |
6. 6. |
…, wie du mir sagst daß ich Villeicht in eine menge gelechenheit kommen würde, … |
Nebensatz mit „dass“ 6. Verbendstellung 6. Konjunktiv (würde-Form/Konditional I) |
7. |
… Mit Mädchen zu werten, aber ich solte es ja nicht thun, aber es ist leider doch geschehen,… |
7. Konjunktiv II (Präteritum) |
8. |
…als wie grose Krankheit, wo ich filleicht one diesers ihre hülfe nicht mehr währe, … |
8. Konjunktiv II (Präteritum) |
9. |
…wo Eltern nicht mehr thun könten, wie ist es ein Wunter … |
9. Konjunktiv II (Präteritum) |
10. |
…ich schrib an Casbar Limpert er solte mir doch Nachricht geben … |
10. Konjunktiv II (Präteritum) |
11. |
…ob im Land hir und da gut for mein Geschäft wäre, aber seine Antwort wahr, … |
11. Konjunktiv II (Präteritum) |
12. |
…ich würde viel beser in einer Seh Stadt thun, und so blib ich also immer auf meine alt blaz,… |
12. Konjunktiv (würde-From) |
13. |
…bis es leiter zu spaht ist, o ich hätte verzweifellen mochen… |
13. Konjunktiv II (Plusquamperfekt, mit falscher Formbildung) |
14. |
…, und wuste mir lange kein Rath, ob ich alle meine Sache im Stich lasen sollte… |
14. Konjunktiv II (Präteritum) |
7. 15. |
…, meine Briefe waren doch immer fol der dringensder Bitte daß sie kommen solte, … |
Nebensatz mit „dass“ 7. Verbendstellung 15. Konjunktiv II (Präteritum) |
16. |
…und wen Sie auch gar nichts mit hier her brächte, und wahr nicht die schönste Gelechenheit mit unsern Freund Limperts, … |
16. Konjunktiv II (Präteritum) |
17. |
…ich Glaubte damals gewiß sie würde mit kommen. |
17. Konjunktiv (würde-From) |
18. |
aber ich sollte sie diese beschwerliche Reise selbst abhollen oder Reisegeld schicken, … |
18. Konjunktiv II (Präteritum) |
19. 20. |
Man stelt sich in Deutschland immer fohr als würde man hier doch fortkommen wenn man auch kein Geld hätte… |
19. Konjunktiv (würde-From) 20. Konjunktiv II (Präteritum) |
8. 9. |
Du wirst Wuntern wen ich schreib daß es jetzt beinah ein Jahr ist daß ich kein Silbergeld in Händen hatte, … |
Nebensatz mit „dass“ 8. Verbendstellung 9. Verbendstellung |
10. |
…nichts als wie Papier Geld ist im umlauf, und daß kan ein jeder Reiche man beinahe machen, wo Nathürlich immer der Arme dabei verlieren mus… |
Nebensatz mit „dass“ 10. Verbendstellung |
21. 22. |
…, ich habe wol Unrecht gehandelt, aber wen manches in dieser Gelecheit währe, so würde ein manches diesen Feller gemacht haben. |
21. Konjunktiv II (Präteritum) 22. Konjunktiv (würde-From, Konditional II) |
23. |
…ich bin Geheirath und sie ist eine Liebe Frau, sie ist mir geworten was die Sanne mir je hätte werden könen, ... |
23. Konjunktiv II (Präteritum) |