Sprache der Nähe und Distanz
Setzt man sich im sprachwissenschaftlichen Bereich mit der Analyse bestimmter Texte auseinander, spielen unter anderem auch jene Faktoren der Sprachverwendung eine essenzielle Rolle, die sich auf die formelle oder informelle Sprache beziehen. Zur Analyse der Sprache wurde 1986 ein Modell von den deutschen Linguisten Peter Koch und Wulf Oesterreicher entwickelt. Sie sprechen dabei von einem Nähe-Distanz-Kontinuum, welches die vollständige Bandbreite sprachlicher Äußerungen abdecken soll. Sprache kann als Sprache der Nähe oder als Sprache der Distanz dargestellt werden. Aufbauend darauf werden Kommunikationsformen je nach kommunikativen Bedinungen in die Dimensionen Medium und Konzept eingeteilt. Sprachliche Äußerungen unterscheiden sich demzufolge in ihrer medialen Realisationsform. Das bedeutet, dass eine Aussage „entweder phonisch (lautlich) und damit medial mündlich (z.B. ein Telefongespräch) realisiert oder graphisch und damit medial schriftlich […] festgehalten“ wird (vgl.Ulrich & Michalak, 2019). Sprachliche Aussagen treten jedoch nicht nur in medialer Form auf, sondern auch in konzeptioneller Form, also in ihrer Modalität.
Vergleicht man beispielsweise ein Gespräch zwischen Freunden und einen Vortrag an der Universität, sind zwar beide „Gespräche“ medial mündlich, jedoch liegen ihnen unterschiedliche Konzepte zugrunde. Während das Gespräch zwischen Freunden auf vertrauter Basis und auch auf konzeptioneller Basis mündlich stattfindet, ist ein Universitäts-Vortrag konzeptionell schriftlich, da eine gehobenere Sprache verwendet wird. Umgekehrt ist ein Chat-Verlauf im Dialekt medial schriftlich und konzeptionell mündlich, wohingegen ein Bewerbungsschreiben sowohl medial, als auch konzeptionell schriftlich stattfindet (vgl. Ulrich & Michalak, 2019; Janich, 2008).